Schönheitswettbewerb
Ein junge Frau, sehr nett,
lag brav in ihrem weichen Bett
und hatte, für Minuten kaum,
einen denkwürdigen Traum.
Als Gast bei einer Schönheitswahl
sah sie Menschen groß an Zahl
in gleißend hellem Rampenlicht
vor einem hohen Preisgericht.
Die mussten dort ohne Genieren
eine lange Zeit poussieren,
um ihre Schönheit aufzuhellen
und sich im Lichte darzustellen.
Doch die Richter schauten nicht nach Bein,
auch nicht nach schlanken Körpern fein.
Doch sie richteten mit viel Geschick
auf verborgene Werte ihren Blick.
Denn heute ging es bei der Wahl
um ein Schönheitsideal
das man nicht so leicht entdeckt
weil es im Innersten versteckt.
Ihr Auge schaute nicht nach Schein,
es sah tiefer in die Körper rein,
und so wurden, recht erhellt,
Herzen der Menschen vorgestellt.
Die sah man dann auch, groß und klein
und andere, mal grob, mal fein.
Es gab auch alte und sehr dicke
und dann viele junge schicke.
Die hat die Jury mit Bedacht
in eine Folge nun gebracht:
Die hübschen Herzen müssen gehen,
solche mit Narben vorne stehen.
Diese Menschen mit vernarbten Herzen,
litten vordem große Schmerzen,
weil sie in Liebe hingegeben,
so manchen Teil von ihrem Leben
und denen auch, zu ihrem Glück,
manchmal wuchs ein Stück zurück,
das andere recht gut verwendet,
weil sie es ebenfalls gespendet.
So entstanden, arg verschandelt,
Herzen, die hier auch gewandelt.
Sie allein gehören, das ist wahr,
nun zur geehrten Siegerschar.
Die junge Frau erwacht vom Traum,
sie sah es so und glaubt es kaum.
Jetzt muss sie ständig daran denken:
möchte Stücke ihres Herzens schenken.
© Martin Volpert, 2001